MIT-Simulation "Iceberg Index": 11,7 % der US-Jobs könnten heute durch KI ersetzt werden

Ein neues Simulationstool des MIT und des Oak Ridge National Laboratory, genannt "Iceberg Index", liefert eine detaillierte Analyse des Automatisierungspotenzials durch aktuelle KI-Systeme. Anders als bisherige Studien nutzt es einen "digitalen Zwilling" des US-Arbeitsmarktes auf einem Supercomputer. Dabei werden 151 Millionen Arbeitnehmer als individuelle Agenten mit spezifischen Skills (über 32.000 Fähigkeiten in 923 Berufsbildern) simuliert.
Die zentralen Ergebnisse:
- Hohes Sofort-Potenzial: Aktuelle KI könnte bereits jetzt 11,7 % des US-Arbeitsmarkts ersetzen, was einer Lohnsumme von 1,2 Billionen US-Dollar entspricht.
- Betroffene Sektoren: Am stärksten betroffen sind Verwaltung, Finanzen, das Gesundheitswesen und Unternehmensdienstleistungen – Bereiche mit viel Routinearbeit.
- Die Eisberg-Metapher: Die sichtbaren Entlassungen in der Tech-Branche (z.B. Salesforce, Amazon) sind nur die "Spitze des Eisbergs" (repräsentieren nur 2,2 % der Wirtschaftskraft). Die wahre, unsichtbare Masse der Bedrohung liegt in den Routinearbeiten der Backoffices (Personal, Logistik, Finanzverwaltung) quer durch alle Branchen und Regionen.
- Ziel des Tools: Entscheider sollen Automatisierungstrends vorhersehen können, bevor Entlassungswellen beginnen, um politisch gegenzusteuern oder Umschulungen zu simulieren.
Im Vergleich zur deutschen IAB-Studie (Prognose über 15 Jahre) fokussiert das MIT-Tool auf das heute technisch messbare Potenzial.
Das Tool ist beeindruckend, aber die Berichterstattung und Benennung werfen Fragen auf:
- Verwirrende Namensgebung: Dass das MIT sein Tool "Iceberg Index" nennt – exakt wie die bekannte Slalom-Studie zu KI-Adoptionshürden – ist extrem unglücklich und sorgt für Verwirrung in der Fachdebatte.
- Technisches vs. Ökonomisches Potenzial: Die Simulation zeigt, was technisch möglich ist (11,7 %). Sie sagt nicht, ob es sich für Unternehmen ökonomisch lohnt oder regulatorisch erlaubt ist, diese Jobs sofort zu ersetzen. Die Lücke zwischen technischer Machbarkeit und realer Umsetzung wird nicht thematisiert.
- US-Fokus: Die Ergebnisse basieren auf dem US-Arbeitsmarkt (digitaler Zwilling). Die Übertragbarkeit auf Deutschland mit seinem anderen Kündigungsschutz und Branchenmix ist begrenzt, auch wenn das IAB ähnliche Umbrüche sieht.
Basierend auf der Existenz solcher Simulationstools wage ich diese Prognose:
- Das Ende der "überraschenden" Entlassungswelle: Unternehmen und Politik werden solche "digitalen Zwillinge" nutzen, um Arbeitsmarkteffekte präzise vorherzusagen. Die Ausrede "Das haben wir nicht kommen sehen" gilt ab 2026/27 nicht mehr.
- Präventive Arbeitsmarktpolitik: Statt reaktivem Arbeitslosengeld werden wir eine Debatte über präventive "Umschulungs-Pflichten" oder "Roboter-Steuern" erleben, basierend auf den Daten solcher Simulationen, bevor die Massenentlassungen in der Verwaltung beginnen.
- Die "stille Automatisierung" beschleunigt sich: Unternehmen werden die in der Simulation identifizierten Routine-Jobs nicht mit einem großen Knall abbauen, sondern Stellen bei natürlicher Fluktuation einfach nicht mehr nachbesetzen und die Aufgaben schleichend an KI übergeben.
Diese Simulation ist eine "Heatmap" für deine Karriereplanung.
- Alarmstufe Rot für Backoffice-Routine: Wenn du in Verwaltung, Finanzen oder HR arbeitest und dein Job aus standardisierten Prozessen besteht, zeigt dieses Tool: Du bist technisch jetzt schon ersetzbar. Warte nicht auf die Entlassungswelle, sondern entwickle dich weg von der Routine.
- Lass dich nicht von Tech-News blenden: Die Medien fokussieren auf Tech-Layoffs (die "Spitze"). Die wirkliche Veränderung passiert leise in den Verwaltungen der "Normalwirtschaft". Achte darauf, was dort passiert, nicht nur im Silicon Valley.
- Denke in "Skills", nicht in "Berufen": Das Tool analysiert 32.000 Skills. Überlege: Welche deiner Fähigkeiten sind schwer zu simulieren? (z.B. komplexe Verhandlung, Empathie, physische Interaktion in unstrukturierten Umgebungen). Stärke diese.





