Gen Z und KI: Digital Natives, aber keine "AI Natives"

Eine neue Studie ("GenZ und GenAI: A Good Match?") unter Leitung von Prof. Dr. Yasmin Weiß (TH Nürnberg) räumt mit dem Mythos auf, die Generation Z (1995–2010) sei automatisch KI-fit. Die Befragung von 1.409 Jugendlichen und jungen Erwachsenen zeigt, dass die "Digital Natives" eine zurückhaltende Selbsteinschätzung ihrer KI-Kompetenzen haben.
Die wichtigsten Ergebnisse:
- Intuition statt Strategie: Die Gen Z nutzt KI-Tools wie ChatGPT ganz selbstverständlich (knapp 21 % sogar 1–2 Stunden täglich). Doch der Einsatz erfolgt meist intuitiv, nicht strategisch. Spezialisierte Anwendungen (z.B. Coding) sind selten; der Fokus auf "Skill Augmentation" (Erweiterung der eigenen Fähigkeiten) fehlt oft.
- Die Kompetenzlücke: Zwar bewerten fast 59 % ihr Grundverständnis als gut, aber knapp ein Drittel (28,4 %) sieht die eigene Tool-Kompetenz als "ausbaufähig", 13 % fühlen sich unsicher. Theoretisches Wissen wird nicht automatisch zu praktischer Handlungskompetenz.
- Versagen des Bildungssystems: Nur 28 % fühlen sich durch Schule, Uni oder Arbeitgeber gut auf KI vorbereitet. Fast 39 % schätzen die Vorbereitung als schlecht ein. Es klafft eine Lücke zwischen eigener Nutzung und institutioneller Bildung.
- Gefühlswelt: Die Gen Z ist ambivalent: Neugier (35,1 %) und Faszination (22,8 %) überwiegen, aber es gibt auch Verunsicherung (22,2 %) und Sorge (14,6 %), in einer KI-Welt nicht mithalten zu können.
- KI als Job-Kriterium: Für drei Viertel sind gute KI-Weiterbildungsangebote bei der Jobwahl wichtig. Fast 40 % würden sich wahrscheinlich gegen einen Arbeitgeber entscheiden, der keine praktische Arbeit mit KI-Tools ermöglicht.
Die Studie liefert wertvolle Einblicke, hat aber blinde Flecken:
- Fokus auf "Tool-Kompetenz": Die Studie betont stark die Anwendungs- und Automatisierungskompetenz. Der Aspekt der Ethik und des kritischen Bewertens von KI-Inhalten wird zwar als Wunsch genannt (27,7 % bzw. 35,9 %), steht aber nicht im Fokus der Analyse. Diese kritische Urteilsfähigkeit ist jedoch essenziell.
- Verallgemeinerung der Gen Z: Die Studie fasst Schüler, Azubis, Studierende und Berufstätige zusammen. Es wäre spannend zu sehen, wie sich die Kompetenzen und Bedürfnisse zwischen diesen Untergruppen unterscheiden.
- Arbeitgeber-Perspektive dominiert: Die Handlungsempfehlungen richten sich primär an Arbeitgeber (Weiterbildung, Employer Branding). Der Appell an die Gen Z selbst, Eigenverantwortung für ihre "AI Literacy" zu übernehmen, kommt etwas zu kurz.
Basierend auf der Diskrepanz zwischen intuitiver Nutzung und echter Kompetenz bei der Gen Z wage ich diese Prognose:
- Die "Intuitions-Falle" schnappt zu: Die Gen Z wird 2026/27 eine harte Landung erleben. Diejenigen, die KI nur "intuitiv" als Lückenfüller für Texte nutzen, werden von den rasant steigenden Anforderungen der Unternehmen überrollt. Es wird eine deutliche Spaltung geben zwischen der Masse der "Konsumenten" und der kleinen Elite der "strategischen Anwender", die sich die fehlende Bildung selbst angeeignet haben.
- KI-Kultur wird zum härtesten Recruiting-Faktor: Wenn heute schon fast 40 % einen Arbeitgeber ohne KI-Praxis ablehnen, wird dies zukünftig zum K.o.-Kriterium Nummer eins. Unternehmen, die Bewerbern im Vorstellungsgespräch keinen konkreten "KI-Tech-Stack" und entsprechende Weiterbildungspfade zeigen können, werden beim Nachwuchs chancenlos sein.
- Das Ende des "Digital Native"-Mythos: Der Begriff wird endgültig beerdigt. Stattdessen werden Unternehmen in den nächsten Jahren gezielt nach "Adaptive Natives" suchen – jungen Talenten, die bewiesen haben, dass sie sich strategisch (nicht nur intuitiv) in neue Werkzeuge einarbeiten können und die Lücke zwischen Theorie und Praxis selbstständig schließen.
Diese Studie ist ein Weckruf. Du bist als Gen Z nicht automatisch KI-fit.
- Verwechsle Nutzung nicht mit Kompetenz: Nur weil du ChatGPT nutzt, bist du kein KI-Profi. Lerne, die Tools strategisch für deine Arbeit einzusetzen ("Skill Augmentation"), nicht nur als bequemen Lückenfüller.
- Fordere Weiterbildung ein: Nutze die Studienergebnisse im Bewerbungsgespräch. Frage gezielt nach KI-Weiterbildung und praktischen Einsatzmöglichkeiten. Das zeigt Engagement und Weitblick. Ein Arbeitgeber, der das nicht bietet, ist vielleicht der falsche für dich.
- Werde zum "Change Agent": Die Studie sieht großes Potenzial in der Gen Z als Multiplikatoren für die KI-Transformation. Biete dein Wissen an (z.B. im "Reverse Mentoring" für ältere Kollegen) und gestalte den Wandel aktiv mit.


