Der Eisberg-Index: Warum KI-Pilotprojekte nicht skalieren

Ein neues Whitepaper der Unternehmensberatung Slalom, basierend auf einer globalen Umfrage unter 200 IT- und Geschäftsführern, untersucht, warum die meisten Unternehmen trotz hoher Investitionen nicht über die Pilotphase von generativer KI (GenAI) hinauskommen. Die Studie zeigt eine massive Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit: Obwohl 83 % der Unternehmen die Dringlichkeit der KI-Einführung erkennen und 99 % Pilotprojekte durchführen, haben nur 2 % KI-Anwendungen erfolgreich skaliert und in Produktion gebracht.
Die unsichtbaren Hürden ("The Iceberg Index"):
- Der Eisberg unter Wasser: Viele Unternehmen konzentrieren sich nur auf den "sichtbaren Teil" des KI-Eisbergs (Modellwahl, Schnittstellen). Die echten Probleme liegen jedoch "unter Wasser": veraltete Dateninfrastruktur, fehlende IT- und Daten-Governance, unklare Geschäftsstrategien, Silo-Denken und mangelnde technische Fähigkeiten.
- Die Kosten der Inaktivität: Das Zögern, diese fundamentalen Probleme anzugehen ("Wait-and-See"-Strategie), wird von 63 % der Befragten als größeres Risiko angesehen als das Handeln selbst, da es zu Wettbewerbsnachteilen führt.
- Die "Hidden Champions" (Vorreiter): Die wenigen erfolgreichen Unternehmen (die "Vorreiter") unterscheiden sich dadurch, dass sie KI als strategisches Unternehmensziel begreifen, massiv in Datenqualität und IT-Modernisierung investieren und eine Kultur des lebenslangen Lernens fördern.
Die Studie liefert eine wertvolle Analyse, hat aber deutliche Schwächen:
- Veraltete Datengrundlage (Gravierend): Die Haupterhebung fand im Oktober 2023 statt, mit einem Update im April 2024. In der extrem dynamischen GenAI-Entwicklung ist das eine Ewigkeit. Die Studie spiegelt den Stand vor den neuesten Modell-Generationen und Agenten-Frameworks wider.
- Beratungs-Bias: Als Whitepaper einer Unternehmensberatung liegt der Fokus darauf, Komplexität zu betonen und die eigene Expertise als Lösung anzubieten.
- Unklare "Vorreiter"-Definition: Die Definition (mehr als ein Modell im Einsatz) ist technisch schwammig und sagt wenig über den Geschäftserfolg aus.
Diese Studie zeigt: Der KI-Hype ist vorbei, jetzt beginnt die harte Arbeit im Maschinenraum.
- Werde zum "Eisberg-Taucher": Wenn du in einem Unternehmen arbeitest, das mit KI experimentiert, sei die Person, die die unbequemen Fragen nach Datenqualität, Infrastruktur und Governance stellt. Das ist der Schlüssel zur Skalierung.
- Investiere in "Foundational Skills": Statt nur Prompts zu schreiben, lerne die Grundlagen: Wie funktionieren Datenpipelines? Was ist Data Governance? Wie integriert man KI in bestehende IT-Systeme? Diese Skills sind jetzt Gold wert.
- Suche nach den Vorreitern: Wenn du den Job wechselst, frage gezielt danach, ob ein Unternehmen KI nur als Pilotprojekt betreibt oder bereits eine skalierbare Strategie hat. Gehe dorthin, wo man die "Eisberg-Probleme" ernst nimmt.


